Atari PC
Basismodell: Der Atari PC1

Atari PC1

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Schon 1983 gab es Pläne, auf dem Markt der PC-Kompatiblen Fuß zu fassen – allerdings verlief das Projekt Shakti auf Grund der finanziellen Krise Ataris im Sande. Als dann die PC-Serie im Januar 1987 auf der Pressekonferenz der Winter CES mit Sam Tramiels markigen Worten „Today we declare war to the computer industry!” (Heute erklären wir der Computerindustrie den Krieg!) vorgestellt wurde, glich dies einer mittleren Sensation. Bisher gab es entweder nur die vergleichsweise teuren PC-Modelle von IBM und Commodore oder die aus diversen fertigen Bauteilen zusammengesteckten PCs aus Fernost. Laut Chefentwickler Shiraz Shivji, der die PC-Architektur schon zwei Jahre zuvor als veraltet bezeichnete, wollte Atari trotz allem ein Bein in diesem Markt haben, und ließ aus sowohl marketingtechnischen Gründen als auch als Herausforderung einen PC aus einem Guss entwickeln, der zu einem Kampfpreis von 499 Dollar auf den Markt kommen sollte. Im Gegensatz zur Konkurrenz sollte dieser Computer aber auch alle gängigen Grafikmodi beherrschen – der von Atari entwickelte EGA-Grafikchip ist zu den Standards MGA und CGA sogar kompatibler als das IBM-EGA-Original von 1983. Der Unterschied lag darin, dass Atari das Gate-Array 6845 komplett implementierte und nicht, wie bei IBM, nur einige Funktionen und Register des Arrays nutzte. Auf der selben Pressekonferenz wurden auch weitere Modelle mit 80286- und 80386-Prozessoren angekündigt, die im Lauf der nächsten zwei Jahre auch auf den Markt kamen – der 386er allerdings ohne die grafische Benutzeroberfläche Windows, wie zuerst geplant. Der PC1 erschien nicht überall, so wurde im März 1988 bei der Veröffentlichung des PC2 im Vereinigten Königreich beschlossen, den PC1 dort nicht auf den Markt zu bringen, im Mai 1988 folgte dann auch das Aus für den US-Marktstart des PC1.

Bilder

Atari PC1
Einzelne Bilder zum Vergrößern anklicken



Aufbau des Systems

Allgemeines

Der Atari PC, zur Unterscheidung von den anderen Modellen auch PC1 genannt, in seinem an den Mega ST angelehnten Gehäuse ist extrem klein, dafür auch fast ohne Erweiterungsmöglichkeiten, einzig auf zwei Stiftleisten am linken hinteren Ende kann ein XT-Steckplatz aufgesetzt werden, der dann z. B. einen Festplattencontroller aufnehmen kann – Platz für eine 3½"-Festplatte ist vorhanden. Der Computer hatte damals dank eines leistungsfähigen Chipsatzes die bei anderen Herstellern meist nicht alle zeitgleich vorhandenen Grafikmodi EGA, CGA, Hercules und IBM-monochrom sowie einen fest integrierten Mausanschluss, der es ohne Nachrüstarbeiten ermöglichte, grafikbasierte Programme wie Microsoft Windows (damals in der Version 2.0 erhältlich) oder PC GEM laufen zu lassen. Eine Erweiterungsbox mit Platz für eine Festplatte war zwar geplant, am Prototyp des PC wurde dafür auch ein Systembus an der rechten Seite dafür herausgeführt, sie wurde aber nicht verwirklicht.

Gehäuse

Das Gehäuse ist stark an das des Mega ST angelehnt, ist aber in einem helleren cremeweiß gehalten. Es misst 34,3 cm in der Breite, 34,3 cm in der Tiefe und 7 cm in der Höhe, ist also für damalige PC-Verhältlnisse äußerst klein gehalten. Im Inneren befindet sich ein massives Abschirmblech aus verzinktem Stahl, um die elektromagnetische Verträglichkeit sicherzustellen. Auf der Rückseite befindet sich eine abnehmbare Abdeckung, durch die auf den Erweiterungsbus aufgesteckte Anschlüsse herausgeführt werden können. Im Gehäuse finden Hauptplatine, Diskettenlaufwerk, eine Erweiterung, Lautsprecher und Netzteil Platz, mit etwas handwerklichem Geschick und dem richtigen XT-Adapter kann aber sogar eine 3½″-Festplatte eingebaut werden, allerdings sollte dann auch der Netzteillüfter gegen ein stärkeres Modell ausgetauscht werden, um dem PC keinen Hitzeschaden zuzufügen.

Mainboard

Das verwendete Gehäuse sorgte dafür, dass keine Standardplatine verwendet werden konnte, allein schon wegen der platzbedingt fehlenden Möglichkeit, aufrecht stehende Steckkarten nachzurüsten. Die Platine wurde von Atari daher auch selbst entwickelt und entspricht in den Maßen etwa der des Mega ST. Alle wichtigen Bauteile und Schnittstellen finden auf ihr Platz. Zur Systemerweiterung dienen zwei Stiftleisten, auf die spezielle Steckkarten oder auch ein XT-Adapter aufgesetzt werden können, beispielsweise zur Verwendung eines Festplattencontrollers.

Mainboard PC


Prozessor und Coprozessor

Zum Einsatz kommt hier der Intel P8088-2, der mit 4,77 MHz im Standardmodus und mit 8 MHz im Turbomodus getaktet wird. Der 1979 erschienene 8088 ist eine Lowcost-Variante des Intel 8086, er arbeitet zwar intern wie dieser mit 16 Bit, hat aber im Gegensatz dazu nur einen 8 Bit breiten externen Datenbus und eine von sechs auf vier Bytes verkleinerte Befehlswarteschlange. Zudem kann ein mathematischer Coprozessor vom Typ Intel 8087 eingesetzt werden. Um diesen zu aktivieren, muss nach dem Einbau der Jumper W3 (zwischen BIOS-Chip und DMA-Controller zu finden) auf die Pins 2 und 3 gesetzt werden (standardmäßig sind die Pins 1 und 2 gebrückt).

On-Board-Grafik

Als Grafikchip kommt der EVC315-S aus dem Hause NSI Logic zum Einsatz, dieser unterstützt die damals gängigen Grafikmodi MDA/Hercules (80×25 Zeichen bzw. 720×348, monochrom), CGA (640×200 oder 320×200, 4 Farben) und EGA (640×350, 16 aus 64 Farben) und damit mehr als der originale EGA-Chip von IBM aus dem Jahre 1983. Im Atari PC ist er als einziger Chip in SMD-Bauweise verlötet. Zur Einstellung des verwendeten Bildschirmtyps findet man auf der Rückseite des PC neben dem Monitoranschluss eine Reihe kleiner DIP-Schalter (beschriftet mit Monitor Select), die wie folgt einzustellen sind:

Schalter Monitortyp
4 3 2 1
EGA-Bildschirm
Farbbildschirm
Monochromer Bildschirm


Weitere Chips

Als Floppycontroller dient der Intel P8272, der neben dem internen Diskettenlaufwerk noch zwei weitere externe Laufwerke unterstützt. Der WD8250 von Western Digital wird als Universal Asynchronous Receiver-Transmitter (UART) eingesetzt und dient vor allem zur Ansteuerung der seriellen Schnittstelle. Außerdem sind enthalten: Intel P8259 als Programmable Interrupt Controller, Intel P8253 als Programmable Interval Timer und der Intel P8237 als DMA Controller. Daneben gibt es noch den PC Glue (Atari C101683), der die gleiche Funktion erfüllt wie sein Namenskollege beim ST – nämlich das System zusammenhalten.

Arbeitsspeicher

Der Atari PC wurde standardmäßig mit 512 kB Arbeitsspeicher ausgeliefert, kann aber durch das Einsetzen von vier weiteren Speicherchips auf 640 kB erweitert werden.

Erweiterungsmöglichkeiten

Von Anfang an war bei Atari eigentlich eine Erweiterungsbox geplant, über die man weitere Steckkarten installieren können sollte. Am auf der Winter CES 1987 ausgestellten Prototyp des PC war dafür auch ein Erweiterungsanschluss auf der rechten Seite vorgesehen. Leider erschien diese Erweiterungsbox jedoch nicht und so bleiben als einzige Erweiterungsmöglichkeit zwei 50-polige Stiftleisten im Inneren des PC, auf die beispielsweise spezielle Steckkarten aufgesetzt werden können, oder auch ein Adapter, der es ermöglicht, eine einzelne XT-Steckkarte, beispielsweise einen Festplattencontroller, zu benutzen.

Massenspeicher

Ab Werk ist ein Chinon FZ-502 Diskettenlaufwerk verbaut, welches Disketten im Format 5¼″ nutzt. Es hat eine Spurdichte von 40 tpi, eine Sektorengröße von 512 Bytes und kann 360 kB speichern. Der Motor dreht mit 300U/min, die Datenübertragungsrate beträgt 250 kB/s, die Schrittrate liegt unter 6 µs. Weitere Laufwerke können extern angeschlossen werden, davon maximal zwei Diskettenlaufwerke. Mit einem XT-Adapter und einem Festplattencontroller ist es auch möglich, eine 3½″-Festplatte im Inneren zu verwenden, dafür muss aber einiges im Inneren verändert werden.

BIOS und Betriebssystem

Verbaut wurde im Atari PC das Award BIOS in der speziell auf den Atari PC angepassten Version 3.06. Als Betriebssystem wurde MS-DOS 3.2 mitgeliefert, andere Betriebssysteme wurden von Atari nicht angeboten. Es ist jedoch möglich, andere Systeme wie beispielsweise Novell Netware oder OS/2 zu nutzen. Auch der Betrieb der Benutzeroberfläche Windows 1.0 ist möglich.

Schnittstellen

Anschlüsse
Anschlüsse
Schnittstellen-Bezeichnung Schnittstellen-Typ Anschluss für…
Power Kaltgerätebuchse, Typ IEC-60320 C14 Kaltgerätekabel mit Kupplung IEC-60320 C13
Mouse D-Sub-Buchse männl., 9-polig, ohne Schraubbolzen Atari Mouse
Modem D-Sub-Buchse männl., 25-polig Modems, serielle Geräte
Printer D-Sub-Buchse weibl., 25-polig Drucker
Monitor D-Sub-Buchse weibl., 9-polig Digitalmonitore CGA/EGA/MDA
Floppy DIN-Rundbuchse, 14-polig externe Diskettenlaufwerke
Keyboard DIN-Rundbuchse, 5-polig Tastatur


Technische Daten

Prozessor Intel 8088-2
Taktfrequenz 4,77/8 MHz
Arbeitsspeicher 512 kB ab Werk, max. 640 kB
Betriebssystem ab Werk MS-DOS 3.21
Software im Lieferumfang GW-BASIC, GEM Desktop, GEM Write, GEM Paint
Grafikmodi EGA, CGA, MDA/Hercules
Massenspeicher ab Werk Diskettenlaufwerk 5,25″ 360 kB
Hersteller Atari Taiwan Manufacturing Corp.
31 Min-Chu Road
Tamshui, New Taipei City
Republik China Republik China
(Factory Code A1)
Abmessungen B×H×T 34 × 7 × 34 cm
Gewicht ca. 4 kg
Vorstellung 8. Januar 1987, Winter CES, Las Vegas (als Atari PC)
Im Handel Westdeutschland September 1987
Kanada Dezember 1987
Vereinigts Königreich nicht vertrieben
USA nicht vertrieben
Einstellung der Produktion ca. 1989
Neupreis Italien
L. 990.000 (9/87) (2022: ca. € 948)



Peripherie

Für die PC-Serie gab es einiges an speziell entwickelter Peripherie. Einige Geräte aus anderen Serien konnten ebenfalls genutzt werden, vice versa konnten auch PC-Peripheriegeräte an anderen Serien angeschlossen werden. Eine Übersicht der Hardware für IBM-Kompatible Computer aus dem Hause Atari gibt es hier:

Letzte Bearbeitung: 17. November 2022