Atari ST
„Jackintosh“: Atari 520ST und 260ST
 
Atari 520ST

Inhaltsverzeichnis

Modelle

Die Ur-Modelle: 130ST, 260ST, 520ST

Die ursprüngliche Modellplanung für das Jahr 1985 sah die drei Modelle 130ST, 260ST und 520ST mit 128, 256 bzw. 512 kB Arbeitsspeicher vor. Die Modelle 130ST und 520ST wurden bereits im Januar 1985 auf der Winter CES in Las Vegas vorgestellt, die Vorstellung des 260ST für Juni 1985 angekündigt. Im April wurde der 130ST jedoch ersatzlos von der Produktpalette gestrichen, da man mit so wenig Speicher und dem Betriebssystem im Arbeitsspeicher schlicht nicht arbeiten konnte. Der 260ST wurde bis auf Weiteres zurückgestellt. Der 520ST wurde ab Juni in kleinen Stückzahlen in Westeuropa und Kanada erstmals verkauft, im Juli 1985 erschien er auch in den USA – größere Stückzahlen waren jedoch erst ab September 1985 erhältlich. Bei den Computern dieser ersten Generation muss das Betriebssystem TOS noch von Diskette nachgeladen werden. Von der Fachpresse wurde der scherzhaft Jackintosh getaufte Computer seinerzeit hoch gelobt und innerhalb kürzester Zeit konnte er die Marktführerschaft im 16-Bit-Sektor übernehmen. Dass die erste Generation der ST-Computer ohne internes Netzteil und ohne internes Laufwerk ausgeliefert wurde, hatte einen recht pragmatischen Grund: In den USA ist es sehr viel leichter, lauter Einzelgeräte zuzulassen als eine Maschine, in der die Bauteile alle integriert sind. Laut Atari sparte man damit satte sechs Monate ein, so dass der ST ein halbes Jahr vor dem Commodore Amiga präsentiert werden konnte. Die Produktion des Ur-520ST wurde im April 1986 eingestellt.

Handverdrahteter Atari ST Prototyp
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Bildnachweise:
Alle Bilder © Bob Lash, sie wurden mir freundlicherweise von Mr. Lash zur Verfügung gestellt. Die Platinen sind im Besitz von Leonard Tramiel, einem der Söhne Jack Tramiels.


Modellpflege: 260ST, 520ST+ und 520STM

Im Dezember 1985 erschienen die beiden Modelle 260ST und 520ST+, die den 520ST kurzfristig ablösen sollten. Der jetzige 260ST weist zum ursprünglich geplanten Modell von Januar 1985 einige Änderungen auf, so wurde beispielsweise die Anschlussbelegung der Monitorbuchse leicht geändert – Pin 8 liegt nicht mehr auf Masse, sondern wird über einen 1,2 kΩ-Widerstand mit +12V versorgt, so dass es auch möglich ist, einen Fernseher mit SCART-Buchse als Monitor zu nutzen. Pin 2 wurde zudem bei diesem Modell und beim 520ST+ mit dem Composite-Sync-Signal belegt. Der mit doppelt so viel Arbeitsspeicher ausgestattete 520ST+ wird ab Dezember zum gleichen Preis wie vorher der 520ST auf den Markt gebracht, was unter den bisherigen ST-Usern zu einigem Unmut führte – allerdings gaben es die Marktbedingungen zu dieser Zeit durchaus her, denn die Speicherpreise fielen rapide. Daher hat auch der 260ST entgegen seiner Bezeichnung gleich 512 kB Arbeitsspeicher statt 256 kB. Während der 520ST und der 520ST+ ab Februar 1986 mit ROM-TOS ausgeliefert wurden, wurde der 260ST aus Kostengründen ohne ROM-TOS angeboten, das kann jedoch für 98 DM nachgerüstet werden. Im Januar 1986 wird der 520STM vorgestellt, der mit einem HF-Modulator zum Anschluss an den Fernseher mittels Antennenkabel ausgestattet ist und somit dem urspünglich geplanten ST von 1984/85 entspricht, das Modell kommt im Frühjahr 1986 auf den Markt, in Westdeutschland erst im Oktober und löst dort 260ST und 520ST+ ab. Der 260ST wird im Januar 1987 eingestellt, der 520ST+ im Lauf des Jahres 1988 und der 520STM im April 1989.


Geplante Wiederbelebung: Projekt Robin

Von 1990 sind Unterlagen des Projekts Robin aufgetaucht, die die Hauptplatine eines ST Junior genannten geplanten Modells zeigen, das offenbar im Gehäuse eines XE-Computers auf den Markt kommen sollte. Mehr zu diesem Projekt auf dieser Seite.


Bilder

Atari ST – Modelle 130ST, 260ST, 520ST, 520ST+ und 520STM
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Bildnachweise:
Bilder 130ST + CES 1985: Netzfund


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Aufbau des Systems

Mainboard

Atari 520ST Mainboard C070243
Mainboard-Layout 260ST, 520ST, 520ST+, Platine C070243
Statt den Betriebssystem-Chips waren bei frühen 520ST- und allen 260ST-Modellen ab Werk nur zwei Boot-ROMs installiert

Atari 520ST Mainboard
Mainboard-Layout 260ST, 520ST, 520ST+
Statt den Betriebssystem-Chips waren bei frühen 520ST- und allen 260ST-Modellen ab Werk nur zwei Boot-ROMs installiert

Atari 520STM Mainboard
Mainboard-Layout 520STM


Chips

Prozessor: Motorola 68000
Die Hauptarbeit im ST verrichtet der weithin bekannte CISC-Prozessor Motorola 68000 (CISC steht für Complex Instruction Set Computer, zu deutsch etwa Rechner mit komplexem Befehlssatz), der bereits seit 1979 auf dem Markt ist. Er operiert intern mit einem 32-Bit-Register sowie einem 32-Bit adressierten linearen Adressraum (davon sind 24 Bit extern verfügbar), acht 32-Bit-Datenregistern, neun 32-Bit-Adressregistern, einem 16-Bit-Statusregister und besitzt einen 16-Bit-Datenbus. Im ST wird der 64-polige DIP-Chip 68000 mit 8 MHz getaktet und kann eine Million Recheninstruktionen pro Sekunde abarbeiten (1 MIPS). Der 68000 kommt beispielsweise auch im Apple Macintosh, Commodore Amiga, Sun-1 und DEC Vax 100 zum Einsatz. Der Betrieb eines arithmetischen Coprozessors ist im ST nicht vorgesehen.


Multifunktionsprozessor: Motorola 68901
Der 48-polige als MFP verwendete Mikrocontroller Motorola 68901 fängt im ST die Interrupt-Signale auf und ist mitverantwortlich für die serielle Schnittstelle.


Soundchip: Yamaha YM2149F oder General Instrument AY-3-8910
Der 40-polige DIL-Chip Yamaha YM2149, der ein leicht verändertes Derivat des GI AY-3-8910 ist, ist ein Sound- und Multi-I/O-Chip. Der AY-3-8910, der 1978 erschien und seither in etlichen Arcadespielen zum Einsatz kam – auch bei Atari (Arabian, Kangaroo) – aber auch in einigen Heimcomputern wie dem Amstrad CPC oder dem Sinclair ZX Spectrum, besitzt drei unabhängige Stimmen, deren Frequenz in jeweils 1024 Stufen und deren Lautstärken in jeweils 16 Stufen einstellbar ist. Dazu kommt ein gemeinsamer Hüllkurvengenerator für alle drei Stimmen, für jede Stimme kann dabei eingestellt werden, ob der Generator genutzt werden soll oder nicht. Zusätzlich gibt es einen Zufallsgenerator im Chip, der vom Prozessor abgefragt werden kann oder als Rauschgenerator dient. Jede der drei Stimmen besitzt am Soundchip ihren eigenen Ausgangspin, womit theoretisch ein Zweikanalton mit zusätzlicher gemeinsamer Stimme für links und rechts möglich ist. Neben der Tonerzeugung ist er noch für die Parallelschnittstelle sowie die Signale RTS und DTR der seriellen Schnittstelle zuständig und verwaltet mittels Drive Select und Side Select, welches Diskettenlaufwerk und welche Diskettenseite angesprochen wird.


Asynchronous Common Interface Adapter (ACIA): Motorola 6850
Der erste der beiden ACIA-Chips vom Typ Motorola 6850 regelt die Datenübertragung der MIDI-Schnittstellen und arbeitet mit einer Übertragungsrate von 31,25 kilobaud. Der zweite ACIA-Chip ist für die Übertragung von und zur Tastatur zuständig und arbeitet mit 7812 Bit/Sekunde.


Tastaturprozessor: Hitachi HD6301V1
Der Hitachi HD6301V1 überwacht Tastatur, Maus und Joystick. Er ist in jedem Modell in der Tastatur integriert, also getrennt von der Zentraleinheit.


Direct Memory Access (DMA): Atari C025913 oder C100110
Einer der von Atari entwickelten Spezialchips des ST ist der DMA, welcher innerhalb von nur vierzehn Tagen von John Hoenig fertig entwickelt wurde. Er steuert die Massenspeicher an und hängt mit 16 Leitungen direkt am Datenbus.


Floppycontroller: Western Digital WD1772
Der 28-polige WD1772 basiert auf dem FD1771 von Western Digital, besitzt gegenüber diesem aber noch einen zusätzlichen Datenseparator sowie einen Schreib-Vorkompensator und unterstützt doppelte Dichte, die vorgesehene Mindesttaktfrequenz beträgt 8 MHz. Er wandelt die 8 Bit breiten Daten des ST in serielle Daten für die Diskettenlaufwerke um und vice versa. Zudem liefert er alle Steuersignale für die Diskettenlaufwerke.


Grafikchip: Atari Shifter C025914 oder C301712
Der von Atari entwickelte Shifter verrichtet hier seinen Dienst, er ist hauptsächlich für den Bildaufbau verantwortlich. Dabei holt er sich die Bilddaten aus dem für die Bilderzeugung reservierten Teil des Arbeitsspeichers (32 kB) und gibt sie auf dem Monitor aus.


Memory Management Unit (MMU): Atari C025912 oder C100109 oder C100601
Die Speicherverwaltung übernimmt das Multiplexen der Adressen des Arbeitsspeichers, die Selektion des Bildschirmspeichers für den Grafikchip sowie die Selektion eines Arbeitsspeicherbereichs für die DMA.


GLUE: Atari C025915 oder C070714 oder C101602
Dieser 68-polige PLCC-Chip hat seinen Namen (zu deutsch Kleber oder Leim) nicht umsonst, denn er hält so ziemlich das ganze System zusammen. Er erzeugt beinahe alle Chip-Select-Signale von Arbeitsspeicher, Festspeicher und der Peripheriechips, die Taktfrequenzen mittels Teilerketten für die ACIAs und den Soundchip, die Synchronisations- und Austastsignale für den Monitor sowie die Signale für die Interruptsteuerung und den DMA-Betrieb.


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Betriebssystem

Der Atari ST verwendet The Operating System (kurz TOS) als Betriebssystem. Gerüchte besagen auch, dass TOS für Tramiel Operating System stehen solle. Bei den ersten Geräten muss TOS noch von Diskette nachgeladen werden – das System war bei Auslieferung noch nicht ganz fehlerbereinigt und konnte somit nicht auf ROM-Chips gebrannt werden. Näheres zum Betriebssystem und den verschiedenen Versionen auf der TOS-Seite.

Ab Werk verwendete Betriebssystem-Versionen:
TOS 1.00 (Disketten-TOS, 20.06.1985) – das sogenannte „Mushroom-TOS“, nur sehr frühe 520 ST-Modelle
TOS 1.00 (Disketten-TOS, 20.11.1985) – einige 520 ST-Modelle, 260 ST und frühe 520 ST+-Modelle
TOS 1.00 (ROM-Datum 06.02.1986)
TOS 1.02 (ROM-Datum 22.04.1987)


Schnittstellen

Atari ST Schnittstellen
Schnittstellen Atari 260ST / 520ST / 520ST<sup>+</sup></font>/ 130ST
Schnittstellen-Bezeichnung Schnittstellen-Typ Anschluss für…
Netzteil DIN-Rundstecker, 7-polig Netzteil Typ Atari PS31
MIDI Out DIN-Rundbuchse, 5-polig Musikinstrumente, MIDI-Netzwerk
MIDI in DIN-Rundbuchse, 5-polig Musikinstrumente, MIDI-Netzwerk
Television (nur beim 520STM) Cinch-Buchse Fernsehgerät (Antenneneingang)
Monitor DIN-Rundbuchse, 13-polig Bildschirme
Printer D-Sub-Buchse weibl., 25-polig Drucker, andere parallel arbeitende Geräte
Modem D-Sub-Buchse männl., 25-polig serielle Drucker, Modems
Floppy Disk DIN-Rundbuchse, 14-polig externe Diskettenlaufwerke
Hard Disk D-Sub-Buchse weibl., 19-polig Festplatten, CD-ROM-Laufwerke
ROM-Cartridge Platinensteckbuchse 2-reihig, 40-polig, Raster 2,54 mm / 0,1″ Steckmodule
Mouse / Joystick 0 D-Sub-Buchse männl., 9-polig, ohne Schraubbolzen Maus, Gamecontroller aller Art, Trackball
Joystick 1 D-Sub-Buchse männl., 9-polig, ohne Schraubbolzen Gamecontroller aller Art


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Technische Daten

Modellinformationen
Modelle 130ST
260ST
520ST
520ST+
520STM
Hersteller Atari
Atari Taiwan Manufacturing Corp.
31 Min-Chu Road
Tamshui, New Taipei City
Taiwan Republik China
(Factory Code A1)
Entwicklungsbeginn 520ST: Mai 1984, bei Tramel Technologies (Codename Rock Bottom Price (RBP))
Ankündigung 520ST: 13. September 1984
260ST: 5. Januar 1985, Winter CES, Las Vegas
Vorstellung 130ST: 5. Januar 1985, Winter CES, Las Vegas
520ST: 5. Januar 1985, Winter CES, Las Vegas
260ST: 28. Oktober 1985, Systems '85, München
520ST+: 28. Oktober 1985, Systems '85, München
520STM: 9. Januar 1986, Winter CES, Las Vegas
Im Handel 520ST
Kanada Mai 1985
Westdeutschland Mai 1985
Vereinigtes Königreich Juni 1985
USA Juli 1985

260ST
Westdeutschland Dezember 1985

520ST+
Westdeutschland 28. Oktober 1985

520STM
USA März 1986
Vereiniges Königreich März 1986
Westdeutschland Oktober 1986
Einstellung des Vertriebs 520ST
🌍 April 1986

260ST
Westdeutschland Oktober 1986

520ST+
🌍 1988

520STM
USA September 1987
Vereinigtes Königreich September 1987
Westdeutschland April 1989
Einstellung der Produktion 520ST: April 1986
260ST: Januar 1987
520ST+: 1988
520STM: April 1989
Technik
Prozessor Motorola 68000 (CISC-Architektur) oder baugleiche Prozessoren
Systemtakt 8 MHz
Rechenleistung 1 MIPS
Arbeitsspeicher (RAM) ab Werk 512 kB
1 MB (520ST+)
(130ST: 128 kB; 260ST: ursprünglich mit 256 kB geplant)
Festspeicher (ROM) 16 kB mit Disketten-TOS
192 kB mit ROM-TOS
Betriebssystem TOS 1.00 (bis 1987)
TOS 1.02 (ab 1987)
Grafikchip Atari Shifter
Auflösungen (Farben) 320 × 200 (16) – Farbmonitor oder Fernseher benötigt
640 × 200 (4) – Farbmonitor oder Fernseher benötigt
640 × 400 (2) – Monochrommonitor benötigt
Farbpalette 512
Soundchip Yamaha YM-2149 oder General Instrument AY-3-8910
Soundkanäle 3 programmierbare Soundgeneratoren (PSG) + Rauschgenerator
Tastatur Schreibmaschine, 85 Tasten + 10 Funktionstasten
Statistisches
Neupreise und Preisentwicklungen
Land Modell Preis Monat entspricht
USA 260ST (einzeln) $399 06/1985 (geplant) 2022: ca. $1098
USA 520ST (Set SW) $799 07/1985 2022: ca. $2200
USA 520ST (Set Farbe) $999 07/1985 2022: ca. $2750
USA 520STM (einzeln) $399 01/1986 (geplant) 2022: ca. $1078
USA 520STM (Set SW) $799 07/1986 2022: ca. $2159
USA 520ST (Set) $499 01/1987 2022: ca. $1301
Vereinigtes Königreich 520ST (Set SW) £749 06/1985 2021: ca. £1873
Vereinigtes Königreich 520STM (einzeln) £344 07/1986 2021: ca. £830
Vereinigtes Königreich 520STM (einzeln) £259 02/1987 2021: ca. £605
Vereinigtes Königreich 520STM + SF354 £449 05/1986 2021: ca. £1083
Vereinigtes Königreich 520STM (Set SW) £699 05/1986 2021: ca. £1686
Vereinigtes Königreich 520STM (Set Farbe) £849 05/1986 2021: ca. £2048
Westdeutschland 260ST (einzeln) DM 1298 12/1985 2022: ca. €1180
Westdeutschland 520ST (Set SW) DM 2998 06/1985 2022: ca. €2710
Westdeutschland 520ST+ (Set SW) DM 2998 10/1985 2022: ca. €2710
Westdeutschland 520STM (Set SW) DM 1998 10/1986 2022: ca. €1810
Italien 520STM (einzeln) Lit. 499.000 09/1987 2022: ca. €477
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Letzte Bearbeitung: 17. Oktober 2023